GesetzesänderungSchulungspflicht beim Umgang mit Diisocyanaten
Kurzzusammenfassung: Um was geht es?
Polyurethane finden in vielen Bereichen des Handwerks Anwendung. Sie entstehen durch die Reaktion von Diisocyanaten, die Atemwegserkrankungen hervorrufen können. Die industrielle und gewerbliche Nutzung von Produkten ab einer Konzentration von 0,1 Gewichts-Prozent ist daher ab 24. August nur noch Anwendern erlaubt, die eine Schulung zur sicheren Verwendung absolviert haben. Das erlangte Wissen muss alle fünf Jahre aufgefrischt werden.
Jeder Anwender von Produkten mit einer Diisocyanatskonzentration ab 0,1 Gewichts-Prozent (Selbständiger und/oder Mitarbeiter) muss ab dem 24. August 2023 eine entsprechende Schulung vorweisen können.
Beispiele für Gewerke die betroffen sein könnten:
Baugewerbe, Schreiner, Metallbauer, Drucker, Fliesenleger, Maler und Lackierer, Orthopädietechnik, Textilgewerbe, usw.
Produkte mit einem Anteil unter 0,1 Gewichts-Prozent an freien monomeren Diisocyanaten fallen nicht unter die Schulungsverpflichtung.
Ob Betriebe von der Regelung betroffen sind, lässt sich schnell mithilfe der Sicherheitsdatenblätter überprüfen. Abschnitt 2 zeigt, ob und in welcher Konzentration in dem jeweiligen Produkt Diisocyanate enthalten sind.
Hersteller haben eine Kennzeichnungspflicht:
Bereits seit 24. Februar 2022 muss der Hinweis "Ab dem 24. August 2023 muss vor der industriellen oder gewerblichen Verwendung eine angemessene Schulung erfolgen" auf allen betroffenen Produkten angebracht sein.
Die Schulungen sind von einem "Experten auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz" durchzuführen, der seine Kenntnisse im Rahmen einer entsprechenden Ausbildung erlangt hat. Dies können z. B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit bzw. die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt oder weitere in Bezug auf Isocyanate fachkundige Personen sein.
Eine Ausbildung zum Trainer/Lehrer wird nicht unbedingt gefordert, kann aber je nach Anforderung an die Schulungen (Gefährdungspotenzial) und aus Gründen der Rechtssicherheit sinnvoll sein.
Voraussetzung sind immer entsprechende Fachkenntnisse und dass die für die Schulung vorgegebenen Mindestanforderungen erfüllt werden.
Die Schulungen sind unterteilt in drei Level, die sich an der Intensität des Umgangs mit Diisocyanaten des einzelnen Verwenders und der Art der Anwendung orientieren:
- Basisschulung bei geringem Gefährdungspotenzial (Stufe I)
z.B. Schäumen von Montageschäumen mit Aerosoldosen - Aufbauschulung bei mittlerem Gefährdungspotenzial (Stufe II)
Bei Tätigkeiten mit offenen Gemischen bei Raumtemperatur, z.B. beim Streichen oder Spachteln von Beschichtungen oder Farben - Fortgeschrittenenschulung bei hohem Gefährdungspotenzial (Stufe III)
Bei Tätigkeiten, bei denen die Produkte über 45°C erwärmt werden
Welche Schulung erforderlich ist, muss im Einzelfall geklärt werden und richtet sich nach dem jeweiligen Gefährdungspotenzial am Arbeitsplatz. In vielen Fällen sollte für Handwerksbetriebe die Basisschulung ausreichend sein.
Unterstützung bei der Auswahl der Schulungsbedarfs bietet beispielsweise der Fachverband Schaumkunststoffe und Polyurethane e. V. (FSK) unter:
https://www.fsk-services.de/reach-modulfinder/
Anbieter für Schulungen gibt es einige. Unter anderem bietet der Fachverband Schaumkunststoffe und Polyurethane e.V. (FSK) diese (kostenpflichtig) über seine Tochtergesellschaft FSK Services GmbH an:
https://www.fsk-training.de/
Neben E-Learning Kursen können auch Präsenzkurse gebucht werden. Onlinebasierte Trainings eignen sich nicht für alle Trainingsinhalte.
Auch Rohstoffhersteller/ Lieferanten sind dazu verpflichtet geeignete Schulungsmaterialien bereitzustellen. Die Herstellervereinigung ISOPA/ALIPA hat daher eine Internetplattform als Basis für die Schulungsmaßnahmen erarbeitet. Diese ist unter folgendem Link erreichbar:
https://www.safeusediisocyanates.eu/de/
Nach erfolgter Registrierung können hier die Anwender gegen Gebühr die geforderten Schulungsmaßnahmen online durchführen. Über eine erfolgreich abgeschlossene Schulung wird dem Teilnehmer im Anschluss ein Zertifikat ausgestellt.
Wenn Sie den vom Verband der Europäischen Klebstoff- und Dichtstoffindustrie (FEICA) kostenlos zur Verfügung gestellten Freischaltcode FEICA_21_G nutzen, können Sie ggf. einige ausgewählte Module für Anwendungen mit diisocyanathaltigen Klebstoffen oder Dichtstoffen kostenfrei nutzen. Es sind allerdings nicht alle Module zu anderen Anwendungen mit dem Freischaltcode abgedeckt.
Für Anwendungen in der Bauwirtschaft können folgende Kurse mit dem Freischaltcode FEICA_22_BGBAU kostenfrei absolviert werden:
048 Professionelle Anwendung von Kleb- und Dichtstoffen / Kleinverpackungen bei Raumtemperatur
049 Professionelle Anwendung / Bodenbeläge und Bauwerksabdichtungen
050 Professionelle Anwendung / Hochdruck-Injektionsharze
Ggf. bieten auch andere Berufsgenossenschaften Gutscheine an. Halten Sie bei Interesse einfach Rücksprache mit Ihrer zuständigen Berufsgenossenschaft.
Die angebotenen Schulungen stellen eine Möglichkeit zur Einhaltung der Anforderungen dar. Eine Verpflichtung zur Nutzung dieser Angebote besteht jedoch nicht.
Siehe dazu auch „Wer darf die Schulung durchführen?“
Durchführende Personen/Institutionen müssen sich von einer erfolgreichen Teilnahme an der Schulung überzeugen. Dies kann z. B. in Form von Multiple-Choice-Fragebögen, Einzel- oder Gruppengesprächen erfolgen. Die erfolgreiche Teilnahme wird durch eine Bescheinigung nachgewiesen.
Arbeitgeber sind verpflichtet Aufzeichnungen über die Schulung ihrer Mitarbeiter zu führen.
Die Durchsetzung der Beschränkungen obliegt den zuständigen Überwachungsbehörden (z.B. Umweltbehörden und Gewerbeaufsichtsamt).
Lieferanten müssen nicht überprüfen, ob Abnehmer ihrer Schulungspflicht nachkommen. Möchten sich diese dennoch davon vergewissern, steht es ihnen frei beispielsweise eine schriftliche Bestätigung des Kunden einzuholen, dass die Schulungen durchgeführt worden sind.