Wege im Handwerk
"Bei uns zählt nicht, wo du herkommst, sondern wo du hinwillst." Diesen Satz prägt die Imagekampagne des Handwerks. Er steht für die Offenheit des Handwerks, für seine vielfältigen beruflichen Perspektiven und unterschiedlichste Wege hier sein berufliches Glück zu finden. Dass jeder Weg im Handwerk individuell ist und auch mal mit Hürden oder auch Umwegen verbunden sein kann, zeigen drei der unterfränkischen Bundessieger 2022 im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks. Ihre Geschichten stehen stellvertretend für die unterschiedlichen Zielgruppen, denen Ausbildungsbetriebe im Handwerk die Chance bieten, sich Schritt für Schritt beruflich zu verwirklichen:
Der direkte Weg
Wenn es nach Stefanie Hahn ginge, hätte ihr Einstieg ins Handwerk nicht früh genug kommen können. "Ich bin kein großer Fan von Schule", gibt die heute 23-Jährige ohne Umschweife zu, "daher kam für mich eine weiterführende Schule oder Studium nie in Frage. Ich wollte immer eine Ausbildung machen und arbeiten gehen. Und am liebsten im Handwerk."
Schon während der Schulzeit schnupperte sie in Praktika und Ferienjob in den Beruf Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und war sofort begeistert. Nach ihrem Realschulabschluss ging es für sie deshalb direkt in die Ausbildung bei den Licht-, Kraft- und Wasserwerken in Kitzingen. "Am Abend zu sehen, was ich über den Tag geleistet habe und die glücklichen Kunden, deren Probleme ich beheben konnte", das zählt für die Gesellin zu den schönsten Momenten in ihrem Beruf. Motivation, weiter voranzugehen, schöpft Stefanie Hahn auch aus ihrem Erfolg im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks. Hier überzeugte sie im vergangenen Jahr in den praktischen Wettbewerben auf Kammer, Landes- und Bundesebene. Am Ende stand der Titel als 2. Bundessiegerin. Ein Erfolg, der ihr nun Rückenwind für ihren weiteren Weg im Handwerk gibt.
Der Umweg
Mit 27 Jahren hatte Kenan Tiro schon selbst nicht mehr so richtig daran geglaubt, irgendwann einmal eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in der Tasche zu haben. "Ich habe nach der Schule zwei Ausbildungen angefangen und musste sie aus verschiedenen Gründen abbrechen", erzählt er. Zuletzt verdiente er das Geld für sich und seine kleine Familie als Aushilfe an einer Tankstelle. Bis ein Freund ihm anbot, eine Ausbildung zum Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer zu beginnen.
In diesem Handwerksberuf fand Kenan Tiro schließlich sein berufliches Glück: "Draußen auf verschiedenen Baustellen unterwegs, mit Kunden in Kontakt sein und im Team arbeiten", zählt er auf, wenn er nach den für ihn schönsten Seiten seines Berufs gefragt wird. Als Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer ist er nun Experte für Isolierungen an Gebäuden und Maschinen und die Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen. Sein Motto "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg" hat ihn nicht nur erfolgreich durch die Ausbildung, sondern auch durch den Leistungswettbewerb gebracht. Als bundesweit bester Junghandwerker in seinem Beruf startet Kenan Tiro nun doch noch durch: In seinem neuen Betrieb übernimmt er bereits Verantwortung für ein größeres Vertriebsgebiet und hat mittlerweile schon zwei von vier Teilen der Meisterprüfung abgelegt. Er sagt: "Durch das Handwerk habe ich den Spaß am Lernen wiederentdeckt und möchte soweit kommen wie möglich."
Der geebnete Weg
Weil seine Eltern einen eigenen Betrieb in Kleinostheim führen, ist Louis Reinfurth sozusagen in das Parkettlegerhandwerk hineingeboren worden. Auch wenn er Abitur gemacht hat, konnte er sich ein Studium nie für sich vorstellen. "Ich habe in den Ferien immer mit auf Baustellen gearbeitet – diese Ausbildung zu machen, lag nah", sagt der 22-Jährige. Hinter diesen pragmatischen Worten steckt dann doch eine große Leidenschaft, denn als Parkettleger kann Louis Reinfurth jeden Tag kreativ sein und unterschiedliche Ideen umsetzen.
Seine Ausbildung absolvierte er im rund 100 Kilometer von seinem Heimatort entfernten Motten bei der der Bauer GmbH & Co. Parkett-Teppich-PVC-Verlegung. Eine Zeit, auf die der 22-Jährige gerne zurückblickt. "Ich bin dankbar für die drei Jahre, die ich dort verbracht habe", sagt er. Was er in der Ausbildung gelernt hat, führte Louis Reinfurth bis zum 3. Bundessieg im Leistungswettbewerb und mittlerweile auch wieder zurück in den elterlichen Betrieb. Auch er hat den Meisterbrief fest auf seinem persönlichen Karriereplan stehen und für die Zukunft kann er sich vorstellen, den Betrieb seiner Eltern zu übernehmen.